Vorbeugende Mediation statt eskalierender Streit
erschienen in Gemeinde und Stadt, Ausgabe 08/19
Konstruktiver Streit in Kommunalpolitik und – verwaltung liegen „in der Natur der Sache“ und sind nützlich. Oft entstehen aus Meinungsverschiedenheiten aber unüberbrückbare Gegnerschaften. Destruktive Konflikte belasten meist die Beteiligten, fressen Zeit und Energie, verstellen den Blick auf mögliche Lösungen und führen zum Rückzug von Beteiligten. Entscheidungen durch die Kommunalaufsicht, Gerichte oder Bürgerentscheide schaffen Gewinner und Verlierer. Das befriedet oft nicht, sondern vertieft die Gräben. Mediation ist eine Methode der Konfliktlösung, die nicht entscheidet, wer Recht hat, sondern bei der die Parteien gemeinsam mit Hilfe eines Mediators nach einer für beide Seiten befriedigenden Lösung suchen. Setzt man Mediation ein, bevor „nichts mehr geht“, bildet das die Grundlage für eine konstruktive Zusammenarbeit – im Interesse der Gemeinde
Was ist Mediation?
„Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben.“ So lautet die Definition des § 1 Mediationsgesetz. Die Mediation besteht aus fünf Phasen.
Phase 1: Es wird ein „sicherer Rahmen“ geschaffen, also der Ablauf der Mediation erläutert und geklärt, welche Regeln (Vertraulichkeit, Respekt, ausreden lassen usw.) für sie in der Mediation wichtig sind. Es wird ein entsprechender Vertrag abgeschlossen.
Phase 2: Jede Partei schildert den Konflikt aus ihrer Sicht. Die Themen werden gesammelt.
Phase 3: Die Hintergründe des Konflikts, also die Interessen und Bedürfnisse der Parteien werden „erforscht“. Oft sind das Befürchtungen, Mutmaßungen, Missverständnisse oder schlicht falsche Informationen Dritter. Meist ahnen die Beteiligten nicht, was der jeweils anderen Seite wichtig ist, weil das nie ausgesprochen wurde.
Phase 4 widmet sich zunächst der kreativen Suche nach Lösungen im Sinne eines Brainstormings, die sodann auf ihre Realisierbarkeit geprüft werden, um in der Zukunft Bestand zu haben.
Phase 5: Die Parteien treffen eine Vereinbarung für die zukünftige Zusammenarbeit.
Was ist für die Konfliktparteien wichtig?
In der Mediation sind die Konfliktparteien (Medianden) die Hauptpersonen. Wichtige Elemente sind die Freiwilligkeit und die Eigenverantwortlichkeit der Medianden. Mediation kann nur gelingen, wenn beide Parteien an einer Lösung interessiert sind. Die Freiwilligkeit wird gleich zu Beginn in Phase 1 geklärt. Sind nicht beide Parteien zur Mediation bereit, findet sie nicht statt. Konflikte sollen nicht „übertüncht“, sondern geklärt und gelöst werden. Nicht der Mediator löst den Konflikt, sondern die Parteien finden die Lösung. Deshalb ist Mediation immer ergebnissoffen. Ob sie gelingt, zeigt sich im Verlaufe und letztlich am Ende der Mediation. Es gibt keine Gewinner und Verlierer, sondern Ziel ist, dass beide Seiten mit dem Ergebnis gut leben können.
Welche Rolle spielen Mediatoren?
Mediatoren benötigen das nötige Rüstzeug. Die Ausbildung zum Mediator ist in einer Rechtsverordnung zur Durchführung des Mediationsgesetzes geregelt. Mediatoren sind einerseits „neutral“, aber auch mehr als das: Sie sind „allparteilich“, also allen Beteiligten gleichermaßen verpflichtet. Mediatoren sorgen dafür, dass alle Parteien ausgewogen zu Wort kommen und helfen bei der Artikulierung durch klärende Fragen. Sie sind durch Gesetz zur absoluten Vertraulichkeit verpflichtet. Mediation kann durch eine Einzelperson, aber auch durch zwei Co-Mediatoren erfolgen. Was sinnvoll ist, hängt von der Zahl der Konfliktparteien und auch von der Intensität der Auseinandersetzungen ab. Mediatoren sind keine (Rechts-) Berater. Trotzdem kann es hilfreich sein, wenn Mediatoren sich in die Lage der Parteien versetzen können, also aufgrund ihrer beruflichen und Lebens-Erfahrung die Hintergründe eines Konflikts verstehen und auch bei der Prüfung der Tragfähigkeit von Lösungen auf evtl. Hinderungsgründe aufmerksam machen können.
Wann ist eine Mediation sinnvoll?
Man wird nicht bei jeder Meinungsverschiedenheit nach einer Mediation rufen. Sie sollte dann erwogen werden, wenn erkennbar wird, dass aus Meinungsverschiedenheiten Gegnerschaften werden. Indizien dafür sind: Man hört sich nicht mehr zu, sondern bekämpft sich. Gegenseitiges Misstrauen und Unterstellungen nehmen zu. Lagerbildung und die Suche nach „Verbündeten“ sind ebenfalls Indikatoren für den sinnvollen Einsatz einer Mediation.
Welche Einsatzgebiete kommen in Betracht?
Im Grunde bietet sich eine Mediation bei allen ernsthaften und gravierenden Auseinandersetzungen an, sei es zwischen Bürgermeister und Gemeinderat oder Ratsmitgliedern oder Fraktionen, zwischen Fraktionen eines Gemeinderats oder innerhalb einer Fraktion oder zwischen Bürgermeister und Beigeordneten. Ein anderes Einsatzgebiet können Auseinandersetzungen zwischen Einwohnern und Gemeindeorganen sein, z. B. zwischen den Anliegern einer Straße, die ausgebaut werden soll, und dem Gemeinderat, ebenso zwischen einer Bürgerinitiative und Gemeindeorganen, zwischen Eltern und Personal einer Kindertagesstätte und/oder der Gemeinde. Auch Konflikte zwischen Mitarbeitern einer Gemeinde eignen sich für eine Mediation.
Die Bedeutung von Mediationen bei kommunalen Projekten oder interkulturellen Konflikten nimmt mehr und mehr zu.
Wie lange dauert eine Mediation, was kostet sie und wer trägt die Kosten?
Die Dauer einer Mediation hängt von der Komplexität des Konflikts und evtl. auch von den Beteiligten ab. In der Regel genügen zwei bis drei Sitzungen á 90 Minuten. Manchmal reicht eine Sitzung. Letztlich bestimmen die Parteien die Dauer der Mediation. Die Mediatoren achten allerdings auf einen strukturierten und zielorientierten Verlauf. Individuell auf die handelnden Personen oder Institutionen zugeschnittene Lösungen ersparen Kosten und Zeit. Wenn die Mediation im Zusammenhang mit der Ausübung des Ratsmandats bzw. der dienstlichen Tätigkeit als Bürgermeister steht, kann die Übernahme der Kosten durch die Gemeinde gerechtfertigt sein.
Axel Braun & Edmund Schaaf, Mediator & Referent Kommunalakademie
Quelle: Gemeinde und Stadt, Ausgabe 08/2019
Für einen Dialog der Kulturen
erschienen in der Westerwälder Zeitung, 25.09.2019
Debatte um türkischen Verband:
Hachenburg, BI und Ditib vereinbaren Ziele
Hachenburg. Das Mediationsverfahren um den Dialog und das Miteinander der Kulturen in Hachenburg ist abgeschlossen. Hintergrund ist die Debatte um den umstrittenen türkisch-islamischen Verband Ditib, dessen Hachenburger Ortsverein derzeit eine Moschee errichtet.
In der Präambel des Berichtes wird an alle Institutionen und Bürger von Hachenburg appelliert, ein Miteinander zu pflegen, das von Toleranz und Respekt geprägt ist. Alle Institutionen und Personen sollen sich an die freiheitlich-demokratische Grundordnung einschließlich der Grundrechte des Grundgesetzes, insbesondere die Religionsfreiheit und die Gleichberechtigung von Mann und Frau halten.
Vereinbart wurde unter anderem, dass der Stadtbürgermeister zu allen Mitgliederversammlungen der Ditib-Gemeinde eingeladen wird, dass die Stadt Angebote zur sprachlichen Weiterbildung fördert, dass der Einsatz eines gut Deutsch sprechenden Imams gewünscht wird und dass die Stadt perspektivisch Möglichkeiten zur Bestattung nach islamisch-religiösen Vorschriften schafft.
In der Frage nach einer möglichen Grundstücksübertragung bestehen zwei Auffassungen: Während die BI von der Ditib-Gemeinde eine Verpflichtung erwartet, ihr Grundstück nicht an einen anderen Verband der Ditib zu übertragen, lehnt die Gemeinde einen Eingriff in ihre Eigentumsrechte ab. Man sei aber bestrebt, die Autonomie und das Vereinsvermögen zu erhalten.
In einer Pressemitteilung heißt es weiter, Stadtbürgermeister Stefan Leukel sowie vier Mitglieder des Stadtrates, zwei Vertreter der Ditib Türkisch-Islamischen Gemeinde Hachenburg und zwei Vertreter der Bürgerinitiative (BI) „Hachenburg soll bunt bleiben“ hätten sich in fünf Sitzungen intensiv mit den Themen auseinandergesetzt. Begleitet wurde das Verfahren von Mediator Axel Braun (Mainz). Die Fragestellungen seien sachlich diskutiert worden, wobei die Teilnehmer deutlich gemacht hätten, dass es nicht um persönliche Anfeindungen, sondern um eine konstruktive Erörterung gehe.
Im Ergebnis wurden Ziele und Standpunkte in einer Abschlussdokumentation festgehalten. Alle Teilnehmer seien bestrebt, die Vorhaben mit Unterstützung der Bevölkerung umzusetzen.
Quelle: Westerwälder Zeitung, 25.09.2019